AEP - Autonomes Einparken

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Version vom 13. Dezember 2019, 10:46 Uhr von Valentin Rentzsch (Diskussion | Beiträge) (Überarbeitung des Artikels)
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Allgemeines

Innerhalb des Projektes SDE - Autonomes Fahrzeug arbeitet ein Teilteam an dem Thema 'Autonomes Einparken' (AEP). Dieser Artikel dient der Dokumentation der entwickelten Software und der für den Einparkvorgang benötigten Harwdare.

Anforderungen an den Einparkvorgang

Die folgenden Anforderung an den autonomen Einparkvorgang sind im Lastenheft unter '2.2.1 Einparken' festgehalten:

REQ10.2200 - Paralleles Einparken:
Das Fahrzeug muss auf einer geraden Straße - fahrend auf der rechten Straßenseite - eine passende Parklücke finden und in diese parallel zur Straße einparken.


REQ10.2210 - Start des Einparkmanövers:
Das Einparkmanöver muss durch einen Taster am Fahrzeug gestartet werden können.


REQ10.2220 - Durchführung des Einparkmanövers:
Das autonome Fahrzeug muss das Einparkmanöver in folgenden Schritten durchführen:

  • Das Fahrzeug muss an rechts stehenden Hindernissen, auf der Suche nach einer ausreichend großen Parklücke, vorbeifahren.
  • Sobald die erstmögliche Parklücke gefunden ist, muss das Einparken mit dem rechten Blinker signalisiert werden.
  • Beim Einparken dürfen weder Hindernisse berührt, noch die äußerste weiße Linie aif der rechten Seite überfahren werden.


REQ10.2230 - Erfolgreiches Einparkmanöver:
Das autonome Fahrzeug muss das Einparkmanöver so beenden, dass die folgenden Randbedingungen erfüllt sind:

  • Sobald das Parkmanöver beendet ist, muss das Fahrzeug parallel zur Fahrbahn und innerhalb der weißen Linien stehen.
  • Es ist eine max. Winkelabweichung von 5 Grad erlaubt.
  • Das Ende des Einparkmanövers ist durch Aufleuchten aller Fahrtrichtungsanzeiger anzuzeigen.
  • Der Abstand zum vorderen und hinteren Hindernis muss jeweils mindestens 10mm betragen.
  • Das Einparkmanöver muss innerhalb von 30 Sekunden abgeschlossen sein.


Dokumentation des Arbeitsfortschritts

Zu Beginn des Projektes wurden Integrationstests geschrieben, die die Umsetzung der einzelnen Anforderungen prüfen. Sobald alle Tests bestanden wurden, sind automatisch auch alle Anforderungen erfüllt. Der Arbeitsfortschritt kann somit der Übersicht der Integrationstests entnommen werden.


Grundlagen

Auswahl der Sensoren

Die Sensoren wurden in Anlehnung an gängige Lösungen des Carolo Cups ausgewählt. Für den Einparkvorgang werden vier Infrarotsensoren (nachfolgend: IR) vom Typ Sharp GP2D120, der Gierratensensor vom Typ LPR510AL und Hallsensoren zur Geschwindigkeitsermittlung eingesetzt.

Infrarotsensoren:

Die Positionen der IR sind im Artikel Sharp GP2D120 festgehalten. Die IR werden während des Einparkvorgangs zur Entfernungsmessung verwendet. Mit Hilfe der Messungen der seitlich montierten IR werden Parklücken erfasst und ausgemessen und der seitliche Abstand zu den am Straßenrand parkenden Fahrzeugen ermittelt.

Die hinten am Fahrzeug montierten IR dienen zur Kollisionsvermeidung und der Positionierung innerhalb der Parklücke. Des weiteren kann, solange das Fahrzeug in der Parklücke steht, der aktuelle Winkel des Fahrzeuges zum Straßenrand über die Differenz der beiden Messungen der hinten montierten IR bestimmt werden. Mit Hilfe dieses Winkels könnte, falls nötig, eine weitere Kalibrierung des Gieratensensors vorgenommen werden.

Gierratensensor:

Um geregelt an den parkenden Fahrzeugen vorbeifahren zu können und um erfolgreich ein eine Parklücke einparken zu können, wird die aktuelle Winkellage des Fahrzeugs benötigt. Zur Bestimmung dieser wird ein Gierratensensor eingesetzt.

Hallsensoren:

Die Geschwindigkeitsermittlung erfolgt durch die Auswertung der im Motor verbauten Hallsensoren. Die Streckenmessung erfolgt über die Ableitung der Geschwindigkeit. Die bereits zurückgelegte Strecke wird hauptsächlich für das Vermessen der Parklücken benötigt.

Einbindung des Einparkalgorithmus in die Simulink Umgebung

Die Umsetzung des Einparkvorgangs erfolgt in einer eigenen Bibliothek der Fahrzeugsoftware.

Die Einbindung des AEP Blocks (gelb umrandet) in die Software des Fahrzeugs ist in der folgenen Abbildung dargestellt:

AEP-Block eingebunden im Simulinkmodell

Autor: Valentin Rentzsch (Diskussion)

Auswahl des Einparkmodus

Um das Einparkmanöver zu starten, muss zu Beginn das Simulink-Modell start.m Datei in MATLAB geöffnet werden. Für den Einparkmodus bestehen die Möglichkeiten, nach der Lückenfindung direkt einzuparken (Simulinkmodus = 3) oder stehen zu bleiben (Simulinkmodus = 2). Beim Online-Model muss beachtet werden, dass vor der Betätigung des AEP-Tasters, die Aktuatoren ausgeschaltet werden, damit die Kalibrierung des Gierratensensors gemacht wird. Hierzu muss der Hebel, der sich hinten am Fahrzeug befindet, in die Mittelstellung gebracht werden.

Alle weiteren Einstellungen sind optional und werden in diesem Link erläutert.

Auswahl der geeigneten Geschwindigkeit

Messzeiten des Infrarotsensors [1]

Der vorangegangenen Abbildung aus dem Datenblatt "Sharp-GP2D120.pdf"[2] (siehe Infrarot Sensor) ist zu entnehmen, dass maximal eine Zeit für eine Messung benötigt wird, von:


.


Sicherheitshalber wird davon ausgegangen, dass sich in der größten Lücke ein weiteres Hindernis mit den Maßen 10cm x 10cm befindet. Um diese erkennen zu können, sollten mindestens drei Messungen im Bereich des Hindernisses stattfinden. Die benötigte Zeit für diese drei Messungen beträgt demnach:



Da sich die Geschwindigkeit aus dem Weg (s) geteilt durch die Zeit (t) berechnet und der Weg in diesem Fall der Länge des Hindernisses entspricht, resultiert daraus eine maximale Geschwindigkeit von:


Berechnung nötiger Größen

Das Fahrzeug besitzt einen maximalen Lenkeinschlag in eine Richtung von alpha = 23°. Kombiniert mit dem Radstand L = 0,265m ergibt dies einen Wendekreisradius um die Mitte der Hinterachse von:

Die folgende Abbildung zeigt eine Skizze zur Herleitung der Wendekreisradiusberechnung.

Skizze zur Berechnung des Wendekreisradius

Für die Berechnung der notwendigen Parklücke spielt der Wendekreisradius (r), die Breite des Fahrzeuges (w), die Länge des Fahrzeugs von der Mitte der hiteren Achse bis zum Heck (b) und der seitliche Abstand zum Hindernis (p) eine wichtige Rolle. Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Skizze des Fahrzeugs und dessen Einparkmanövers.


Skizze zur Berechnung der notwendigen Parklücke [3]


Notwendige Größen für den Vorgang des Einparkens sind:

Die allgemeinen Maße des Fahrzeugs
Breite w = 0,290m
Radstand L = 0,265m
Abstand Mitte Vorderachse nach Vorne v = 0,065m
Abstand Mitte Hinterachse zum Heck b = 0,100m
Wendekreisradius r = 1,1318m
Der seitliche Abstand zum Hindernis p = variabel


Wird der Einparkvorgang gestartet, sobald die Mitte der Hinterachse des Fahrzeugs auf Höhe der Heckkante des vorderen Hindernisses liegt, müsste die Parklücke, wie der vorangegangenen Abbildung zu entnehmen ist, die Summe aus b, g1 und g2 sein. Die Abstände g1 und g2 sind dabei gleich groß und berechnen sich nach dem Satz des Pythagoras wie folgt:



Dies würde zu einer größeren Lücke führen, als eigentlich nötig, da die Möglichkeit besteht, nach Findung des vorderen Hindernisses eine weitere Strecke k nach vorne zu fahren. Dadurch wird gewährleistet, dass kein Platz verschenkt und während des Einparkvorgangs so nah wie möglich am Hindernis vorbeigefahren wird. Demnach wird für die Größe der nötigen Parklücke (g) folgende Formel verwendet:



Anhand dieser Formel wird deutlich, dass sich die nötige Parklücke danach richtet, wie groß der Abstand zum Hindernis ist. In der Regel ist der Abstand p nicht gleich 0. Dies würde bedeuten, dass das einparkende Fahrzeug bereits sich direkt am stehenden Fahrzeug befindet. Der Punkt, dass das Fahrzeug mittig der Straße fahren soll und die Tatsache, dass der Infrarotsensor erst ab einem Abstand von 4cm zuverlässige Werte zurückgibt (siehe GP2D120), setzt einen angenommenen Mindestabstand zur Berechnung voraus. In diesem Fall wird ein Abstand p = 15cm vorausgesetzt. Diese Annahme führt zu einer Mindestgröße der Parklücke von g = 1m. Durch geringe Vergrößerung des Abstandes p, Kürzung des Fahrzeugs oder Erhöhung des Einschlagwinkels würde auch eine kleinere Parklücke ausreichen. Der seitliche Abstand zum Hindernis darf allerdings nicht größer als die Hälfte des Wendekreisradius sein. Bei diesem Fall werden sämtliche oben genannten Berechnungen außer Kraft gesetzt.

Die Berechnung des Umschlagwinkels ist ebenfalls vom Abstand p abhängig und wird erst berechnet, wenn die Lücke gefunden und das Fahrzeug neben dem vorderen Hindernis steht.



Ebenso wird an dieser Stelle der Weg berechnet, den das Fahrzeug noch vorwärts fahren soll, um den vorhandenen Platz so effizient wie möglich zu nutzen. Je näher beim Einparken an dem vorderen Hindernis vorbeigefahren wird, desto weniger Platz wird während des gesamten Einparkvorgangs benötigt. Da sich beim Finden des vorderen Hindernisses die Vorderachse des RC Fahrzeuges auf höhe dessen Hecks befindet und der Einparkvorgang so kalkuliert wird, dass sich erst mal die Mitte der Hinterachse des RC Fahrzeuges auf Höhe des Hecks des vorderen Fahrzeugs befindet, muss auf jeden Fall die Strecke der Summe aus Radstand (L) und Mitte der Hinterachse zur Front (v) gefahren werden. Auf diesen Wert wird dann noch der Parameter k addiert, welcher sich wie folgt berechnet und bereits Teil der Parklückenberechnung ist:



Da bei allen Parkmanövern (offline- und online-Modus), das Fahrzeug eine zu weite Strecke nach vorne gefahren ist, ist die benötigte Länge der Vorausfahrt reduziert worden. Hier ist über Tests rausgekommen, dass der Abzug der Größe k weggelassen werden kann.

Test der Abstandssensorik

Generierung von Testfällen

Um die Abstandssensorik zu testen werden Testfälle generiert und in Datenbanken gespeichert. Hierfür wurde in der Simulation eine Laufzeitvariable erstellt und an bestimmten Positionen die Simulation gestoppt. Die benötigten Variablen in den Testfällen sind folgende:

• ObjektListe
• Schalter
• stIRPosition
• x
• y
• psi

Zusätzlich ist zu beachten, dass die Simulation in der bibliothek 'SensorenAktoren_offline' gestoppt werden muss, da die Variablen nur lokal in der Funktion gespeichert werden und global nicht sichtbar sind. Damit Datenbanken in Matlab erstellt werden können muss der 'save' - Befehl verwendet werden. Jedoch hatte dieser in der Simulation einen Fehler ausgelöst, da dieser dort nicht verwendet werden darf. Um den Fehler zu umgehen wurden an den Stellen, an denen das Fahrzeug gestoppt werden sollte ein Breakpoint gesetzt. In einer if - Bedingung wurde bei Erreichen eines Wertes der Laufzeitvariable der Breakpoint gesetzt. Nun kann im Matlab Command Window der 'save' - Befehl manuell eingetippt werden.

Beispiel für die Erstellung einer Datenbank:

• save('Messung1.mat','ObjektListe','stIRPosition','x','y','psi')

Durch Eingabe der 'Enter' - Taste wird die Datenbank im Arbeitsordner angelegt. Weiterhin ist zu beachten, dass die Variablen nicht im Workspace angezeigt werden, aber vorhanden sind. Deshalb ist das Speichern der Variablen möglich.

Die Ergebnisse zu der Generierung von Testfällen befinden sich im Branch Einparksensorik_SS_19.

Auswertung der Sensordaten

Für die Auswertung gibt es eine Testumgebung für die Abstandssensorik. Diese befindet sich bei folgendem Link: GUI_Testumgebung Um die Datenbanken der generierten Testfälle in die Testumgebung einzubinden, müssen sie zuvor in den Ordner, in dem sich die Testumgebung befindet, eingefügt werden. Zusätzlich dazu müssen die Bilder in des Testfalls in den Ordner geladen werden, damit über die GUI der entsprechende Test ausgewählt werden kann.

Anschließend kann in Matlab durch Starten der GUI der gewünschte Testfall ausgelessen werden.

Nachdem die Datenbank in der Testumgebung eingelesen wurde, wird diese gestartet. Anschließend zeigt die GUI an, ob der Test bestanden (1) oder nicht bestanden (0) wurde.



Über das DropDown-Menü "Auswahl des Testfalls" kann der jeweilige Testfall geladen werden. In dem Koordinatensystem wird dann optisch der Test dargestellt, damit der Anwender sieht welcher Test durchgeführt wird. Über den Button "MessungStart" wird die Messung durchgeführt. Hierfür wurde die Testumgebung als Funktion ausgelagert und in der GUI aufgerufen. In einer Tabelle werden dann alle notwendigen Testdaten angezeigt.

Das nachfolgende Beispiel zeigt den Testdurchlauf für den Fall "Messung4":


In der Tabelle können die vorgegebenen Soll-Werte abgelesen werden. Durch die berechneten Ist-Werte wird ermittelt, ob die Abweichung in Ordnung ist. Das Ergebnis wird in der letzten Spalte angegeben. Die GUI befindet sich im SVN.

Nach Durchführung aller Messungen stellte sich heraus, dass die hinteren Sensorwerte vertauscht sind.

Aktueller Stand

Offline-Simulation

Das Fahrzeug startet nach einer kurzen Verzögerung zur Kalibrierung des Gierratensensors seine Fahrt entlang der Parklücken. Während des gesamten Suchvorgangs ist die geregelte Geradeausfahrt aktiv. Um dies zu zeigen startet das Fahrzeug im aktuellen Stand der Simulation leicht schräg und findet dann wieder auf seine Spur zurück. Nach dem es eine Parklücke gefunden hat, fährt es an dieser noch vorbei, bis die Hinterachse auf gleicher Höhe wie das Heck des vorderen Fahrzeugs der Parklücke ist. Nach dem Finden der Parklücke parkt das Fahrzeug ein und positioniert sich in der Parklücke. Alle Vorraussetzungen wurden erfüllt. Ein Video des Einparkvorgangs in der Offline-Simulation ist auf der rechten Seite zu sehen.

Video des Einparkvorgangs in der Offline-Simulation

Online-Modell

Der aktuelle Softwarestand wurde bis jetzt noch nicht auf dem Fahrzeug getestet. Die Implementierung für das Online Modell steht für das WS 2019 an.

Autor: Valentin Rentzsch (Diskussion)

Lageregelung beim Einparken

Das Spezialthema soll zur Verbesserung der Ausrichtung des Fahrzeugs in der Parklücke beitragen. Aktuell befindet sich die Erweiterung aufgrund ausstehender Tests noch in einem SVN Branch.

Quellen / Weiterführende Literatur

  1. "Sharp-GP2D120" von Sharp, Sharp.
  2. "Sharp-GP2D120" von Sharp, Sharp.
  3. "Ein mathematisches Modell zum Parallelparken" von Nobert Herrmann, Univ. Hannover.

Autoren:

David Reger, Valentin Rentzsch und Vincent Holthaus


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