Konstruktion, Fertigung und Inbetriebnahme eines Rundtisches (4.Achse): Unterschied zwischen den Versionen

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Zur Fertigung und Inbetriebnahme war es notwendig, die nachfolgend aufgeführten Bauteile und Halbzeuge zu beschaffen.
Zur Fertigung und Inbetriebnahme war es notwendig, die nachfolgend aufgeführten Bauteile und Halbzeuge zu beschaffen.


'''''Beschaffte Halbzeuge und Bauteile:'''''
  • Rillenkugellager 6000 2RS
  • Rillenkugellager 6000 2RS
  • Schrägkugellager 7206 2RS
  • Schrägkugellager 7206 2RS

Version vom 4. Januar 2017, 12:50 Uhr

Abbildung 1: Animierte Baugruppe des Rundtisches (4.Achse)

Dieses Teilprojekt des Projektes 3-D-Bearbeitungsmaschine (Projekt des Schwerpunkts GPE im Studiengang MTR) im siebten Semester des Studiengangs Mechatronik beinhaltet die Konzeptionierung, Konstruktion, Fertigung und erste Inbetriebnahme eines Rundtisches (4.Achse) im Rahmen des Praktikums der Produktionstechnik (GPE).

Die Abbildung 1[1] rechts zeigt ein Exemplar einer horizontalen 4.Achse. Zu erkennen sind das Dreibackenfutter, verschiedene Spannbacken, ein Spannschlüssel und ein elektronisch angesteuerter Schrittmotor mit einem kleinen Kabelstrang. Dahinter ist die Kraftübertragung zwischen Antriebs- und Abtriebsachse mittels Zahnriemen sichtbar.

Ausgangssituation und Problemstellung

Abbildung 2: XYZ-Koordinaten einer CNC-Maschine

Ausgangssituation: Eine einfache Fräsmaschine verfährt, wie in den Abbildung 2[2] rechts dargestellt, auf den XYZ-Achsen zur translatorischen Werkstückmanipulation.

Die X-Achse verläuft in der Regel waagerecht. Die positive X-Achse verläuft (wenn man davor steht) nach rechts und die negative X-Achse nach links. Die positive Y-Achse verläuft bei Maschinen mit senkrechter Arbeitsspindel, wenn man direkt vor der Maschine steht, vom Betrachter weg. Die negative Y-Achse verläuft zum Betrachter hin. Die Z-Achse ist die Achse der Arbeitsspindel. Der positive Bereich der Z-Achse liegt zwischen dem Werkzeug und dem Werkstück. Der negative Bereich liegt unterhalb des Werkstücknullpunkts in die entgegengesetzte Richtung.[3]
Eine Drehbewegung des Werkstücks um die eigene Achse ist jedoch im gegebenen System nicht realisierbar. Die 4.Achse, je nach Ausführung auch Rund- oder Drehtisch genannt, ermöglicht eben diese rotatorische Werkstückbewegung. Der Rundtisch hat eine waagrechte Drehachse, um das aufgespannten Werkstück gedreht werden kann, um Bearbeitungen in verschiedenen Positionen oder am drehenden Werkstück vorzunehmen. Der Drehtisch hingegen hat eine vertikale Drehachse, um welche das Werkstück rotieren kann.

Passende Beispielvideos zur 4-Achs-Bearbeitung findet man auf YouTube unter folgenden Links:


Problemstellung: Eine rotatorische Werkstückbewegung ist für die Fertigung von vielen Bauteilen notwendig. Aktuell kann an der CNC-Fräsmaschine eben diese Werkstückmanipulation nicht durchgeführt werden. Es sind lediglich translatorische Bewegungen auf den Achsen X,Y und Z möglich. Eine 4.Achse würde aber zusätzlich viele weitere Fräsoperationen zulassen und die Einsatzmöglichkeiten der Fräsmaschine deutlich erweitern.

Aufgabenstellung und Definition der Anforderungen

Aufgabenstellung: Aus der Problemstellung kann nun die Aufgabenstellung abgeleitet werden. Die Aufgabe ist es, eine geeignete 4.Achse für die Fräsmaschine in Betrieb zu nehmen. Dies setzt eine Konzeptionierung, eine Konstruktion sowie die Fertigung und Montage der einzelnen Bauteile des Rundtisches voraus. Die einzelnen Arbeitspakete gliedern sich wie folgt:

Konzeptionierung: Unter Zuhilfenahme von Kreativitätstechniken soll ein geeignetes Lösungskonzept entwickelt werden.
• 	Konstruktion: Das Lösungskonzept ist als 3D-Modell zu realisieren. Technische Zeichnungen und eine Stückliste sind ebenfalls zu erstellen.
•	Beschaffung: Bestellung fehlender Halbzeuge, Normteile oder sonstiger Zukaufteile zur Umsetzung des Lösungskonzeptes.
•	Fertigung und Montage: Die Halbzeuge sind eigenständig nach den techn. Zeichnungen zu fertigen. Alle Teile der Baugruppe sind anschließend zu fügen.
•	Inbetriebnahme: Durchführung erster Funktionstest mit elektrischer Ansteuerung.


Definition der Anforderungen: Folgende Rahmenbedingungen und Anforderungen wurden an die Projektlösung gestellt:

•	Realisierung rotatorischer Werkstückbewegung
• 	Konventioneller, simpler Aufbau
•	Schnelle Montage und Demontage des Systems
•	Gegenlager für lange Werkstücke
•	Verwendung der Alu-Strukturprofile
•	Spanndurchmesser bis ca. 80 mm
•	Budget bis maximal 500€
•	Bestellung/ Beschaffung rechtzeitig auslösen
•	Make-or-buy-Entscheidung
•	Lieferung bis Januar 2017


Konzeptionierung

Abbildung 3: Morphologischer Kasten

Gemäß den technischen und kommerziellen Anforderungen sind durch einen Morphologischen Kasten (siehe Abbildung 3[4]) die zwei Lösungskonzepte L1 und L2 entstanden. Die Grundidee der Kreativitätstechnik des Morphologischen Kastens ist es, verschiedene Kombinationen und Ausprägungen von möglichen Lösungen zu sammeln und zu untersuchen. Anhand der Auflistung aller Lösungsmöglichkeiten in einer Tabelle können nun durch die Auswahl einzelner Ausprägungen verschiedene Lösungskonzepte entstehen. Der Morphologische Kasten eignet sich besonders als Methode im Rahmen von Produktdefinitionen und Produktentwicklungen.[5]

Lösungskonzept L1

  • Horizontal liegende 4.Achse mit Dreibackenfutter auf Strukturprofil-Schiene montiert.
  • Antrieb über Schrittmotor PLUS Planetengetriebe und Kraftübertragung mittels Zahnriemen.
  • Die Abtriebsachse ist mit Schrägkugellagern gelagert. Es erfolgt keine Winkelmessung.


Lösungskonzept L2

  • Horizontal liegende 4.Achse mit Dreibackenfutter auf Strukturprofil-Schiene montiert.
  • Antrieb über Schrittmotor OHNE Extra-Getriebe und Kraftübertragung mittels Zahnriemen.
  • Die Abtriebsachse ist mit Schrägkugellagern gelagert. Es erfolgt keine Winkelmessung.


Erläuterungen zu den Konzepten

  • Eine Strukturprofilschiene wird in beiden Konzepten verwendet. Diese kann im vorhandenen System positions- und lagegerecht montiert werden. Durch den Aufbau der Drehachse und des Gegenlagers auf diese Schiene wird auch eine funktional einwandfreie Flucht der Achsen gewährleistet. Somit lässt sich das eingespannte Werkstück mit lediglich minimalsten Rundlauf-Abweichungen rotatorisch manipulieren.
  • Die Drehachse wird liegend ausgerichtet, da diese Ausrichtung für die vorhandenen Anwendungsszenarien die besseren Möglichkeiten zur Bearbeitung bietet.
  • Eine Implementierung der Winkelmessung überschreitet das vorhandene Budget und wird somit nicht weiter berücksichtigt.
  • Die Werkstückaufnahme erfolgt mittels Dreibackenfutter. Durch den Spannvorgang in einem Dreibackenfutter ist das Werkstück auf der Drehachse ausgerichtet und kann sauber im Gegenlager befestigt werden.
  • Durch die Lagerung mittels Schrägkugellager können zu den rotatorischen Kräften auch axiale Kräfte aufgenommen werden. Durch eine doppelte Lagerung ist ebenfalls der einwandfreie Rundlauf gewährleistet.
  • Konzept L1 verfügt über einen Schrittmotor MIT, Konzept L2 OHNE Planetengetriebe.


Konzeptentscheid

Beide Konzepte sind in bis auf die unterschiedlichen Schrittmotoren. Planetengetriebene Schrittmotoren haben den Vorteil ein höheres Haltemoment aufbringen zu können. Jedoch besteht das Risiko von Freilauf im Getriebe. Dadurch überträgt sich vorhandenen Spiel über den Zahnriemen direkt auf die Drehachse. Schrittmotoren ohne vorgeschaltetes Getriebe haben hingegen ein geringeres Haltemoment. Das mögliche Spiel im System ist bei diesem Konzept wesentlich geringer, da kein Getriebespiel vorgeschaltet ist. Es ist also eine Abwägung zwischen hohem Haltemoment und geringen Spiel notwendig gewesen. Letztendlich wurde einheitlich entschieden, dass für die vorhandenen Anwendungsszenarien ein geringeres Spiel wichtiger als ein höheres Haltemoment ist. Demnach fiel die Entscheidung auf Konzept L2.

Konstruktion

Abbildung 4: Konstruktionsprozess
Abbildung 6: Baugruppen-Modell
Abbildung 5: Schnittansicht der Baugruppe

Modellierung

Abbildung 4[6]
Abbildung 5[7]
Abbildung 6[8]

Technische Zeichnungen

  • technische Erläuterungen
  • warum wurde so gefertigt und nicht anders





















Beschaffung

Zur Fertigung und Inbetriebnahme war es notwendig, die nachfolgend aufgeführten Bauteile und Halbzeuge zu beschaffen.

•	Rillenkugellager 6000 2RS
•	Schrägkugellager 7206 2RS
•	Passfeder DIN 6885 Form A 6  x 6 x 16
•	Passfeder DIN 6885 Form A 10 x 8 x 25
•	Zahnriemen HTD-3M 384
•	Zahnriemen HTD-3M 363
•	Zahnriemenrad HTD-3M 15 Zahn
•	Zahnriemenrad HTD-3M 72 Zahn
•	Harkenmutter DIN 1804 M28 x 1,5
•	Passscheiben DIN 988 30 x 42 x 1,5
•	Diverse Innensenchskantschrauben DIN 912
•	3 Backenfutter 80mm
•	Igus Schrittmotor Nema 23
•	Aluminium, Stahl und Kunstoff Halbzeuge mit entsprechendem Bearbeitungsaufmaß


Fertigung und Montage

Abbildung 8: Bohrungen fräsen
Abbildung 7: Längs-Runddrehen

Die Zerspanung und das weitere Bearbeiten der Bauteile und Halbzeuge wurde in der heimischen Werkstatt vorgenommen. Zur Bearbeitung wurde unter Anderem eine CNC-Fräsmaschine sowie eine konventionelle Drehmaschine eingesetzt. Mit diversen Spiralfräsern, Schneidplatten und einem Messerkopf wurden die Bauteile nach den zuvor selbst erstellten technischen Zeichnungen zerspant. Die durchgeführten Arbeiten wurden mit einem digitalen Messschieber sowie mit verschiedenen Prüflehren auf Richtigkeit untersucht. Die Abbildung 7[9] rechts zeigt dabei die Abtriebswelle im ersten Bearbeitungsschritt, dem Längs-Runddrehen. Die Abbildung 8[10] zeigt einen Fräsen bei der Bearbeitung der zuvor gedrehten Welle. Hier werden gerade die Bohrungen zur Aufnahme des Backenfutters gefertigt.











Inbetriebnahme

Zur ersten Inbetriebnahme wurde der Schrittmotor an ein Arduino-Board angeschlossen. Mittels übermittelter Steuersignale wurde nun der Schrittmotor angesteuert und die Baugruppe auf rotatorische Funktion überprüft. In Abbildung 9[11] ist der Versuchsaufbau zur Inbetriebnahme sichtbar. Der Motor trieb über den Zahnriemen die Drehachse problemlos an. Die Baugruppe Rundtisch wurde damit für fertig abgeschlossen erklärt.




Technische Daten der Baugruppe Rundtisch (4.Achse)

•	Übersetzungsverhältnis: 4,8
•	Auflösung Motor: 200 Schritte
•	Auflösung Welle: 960 Schritte
•	Max. Haltemoment: 9,6Nm
•	Nennstrom: 4,2A
•	Nennspannung: 24-48V
•	Gewicht: ca.6kg (inkl. Alu-Schiene und Gegenlager)
•	Möglicher Spanndurchmesser am Futter: 80mm


Schlussbetrachtung

Reflexion: Schlussendlich war es die Aufgabe, eine 4.Achse eigenständig zu entwickeln, zu fertigen und in Betrieb zu nehmen. Die Zielsetzung wurde vollumfänglich erreicht. Als Arbeitsergebnis des Praktikums bleibt eine fertig montierte und einsatzbereite 4.Achse zurück. In Zukunft muss diese nur noch in dem Schaltschrank integriert werden. Abschließend ist es möglich, die Achse in den Ansteuerungsalgorithmen zu berücksichtigen und Steuersignale zu übermitteln. Der Konzeptentscheid zwischen den verschiedenen Antriebs- und Kraftübertragungssystemen....

Lessons learned:
....

Quellen

  1. Abbildung 1: eigene Quelle
  2. Abbildung 2: https://h2oengineering.files.wordpress.com/2011/07/xyz.jpg, Zugriff am 02.01.2017, 15:01 Uhr
  3. Ay, Cengiz (2017): X-, Y- und Z-Achsen in der CNC-Technik, https://www.cnc-lehrgang.de/achsen-im-cnc-koordinatensystem/, Zugriff am 02.01.2017, 15:01 Uhr
  4. Abbildung 3: eigene Quelle
  5. Zec, Marin (2017): Morphologischer Kasten, http://kreativitätstechniken.info/morphologischer-kasten-bzw-morphologische-analyse/, Zugriff am 02.01.2017, 15:34 Uhr
  6. Abbildung 4: eigene Quelle
  7. Abbildung 5: eigene Quelle
  8. Abbildung 6: eigene Quelle
  9. Abbildung 7: eigene Quelle
  10. Abbildung 8: eigene Quelle
  11. Abbildung 9: eigene Quelle


Sonstiges

Autoren: Hendrik Buchheister, Kai Jacobs
Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Göbel

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